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Warnend hob Andreas die Hand. »Du musst doch eine Erklärung dafür
haben!«
»Ich sag doch: Keine Ahnung. Jemand muss sie, ohne mir was zu sagen, da
reingetan haben«, antwortete Solveigh, ohne das Gesicht zu verziehen oder
rot zu werden.
»Das habe ich mir gedacht. Danke, Solveigh, das ist alles.«
Als sie das Zimmer verlassen hatte, rief Sakiko: »Aber das ist ja ungeheuer-
lich! Warum hast du sie gehen lassen, Andreas? Glaubst du mir nicht, dass
ich die Dinge in ihrem Schrank entdeckt habe?«
»Natürlich glaube ich dir«, entgegnete er müde. »Aber es ist so, wie sie sagt:
Jemand kann sie ihr dort reingeschmuggelt haben. Beweise das Gegenteil,
Sakiko!«
»Und jetzt?«, fragte sie. »Wie können wir Rosi helfen?«
»Noch gar nicht. Wir müssen wachsam sein. Vielleicht waren Solveigh die
Fragen eine Warnung. Warten wir's ab. Bis zum Schulfest sind es nur noch
wenige Tage.«
Am Montag funktionierte Michas Erbsenwurfmaschine perfekt. Wenn man
den Hebel bewegte, flogen die Erbsen in hohem Bogen durch die Luft und
landeten mit etwas Glück in einer leeren Sauerkrautbüchse.
Rosi war begeistert; temperamentvoll umarmte sie Micha, schüttelte die
Büchse, dass die Erbsen rappelten und tanzten, und eilte davon, um es Herrn
Siegmund zu berichten.
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Auch Irene und Sakiko waren glücklich. Die Näherei machte so gute Fortsch-
ritte und ihr Rockmodell war so super , dass sie schon jetzt eine Menge
Vorbestellungen vorweisen konnten.
»Die Idee mit den Zipfeln vorn und hinten gibt dem Ganzen den absoluten
Pfiff«, erklärte Sakiko. »Andreas, du könntest deiner Freundin einen Rock
schenken. Kommt sie zum Fest?«
Er winkte ab. »Nein. Sie ist wieder in den USA.«
Eine andere Gruppe hatte Kränzchen aus Strohblumen und Gräsern ge-
bunden, wieder andere hatten ein Theaterstück einstudiert und natürlich
würde auch der Unterstufenchor ein Singspiel aufführen. Es trug den coolen,
absolut hitverdächtigen Titel »Ein Tag auf dem Bauernhof«.
»Ein Kumpel aus meiner WG macht da mit«, erklärte Raffi. »Er spielt den
Hahn und muss unentwegt krähen. Er sagt, das sei vielleicht anstrengend!
Aber na ja, das ist noch besser, als das Schwein zu sein. Oder das Schaf. Das
hüpft auf allen vieren herum und blökt blöd durch die Gegend. Aber die
Kostüme sind super. Sie haben extra noch 'ne Werk-AG gegründet, um die zu
basteln. Mein Kumpel zum Beispiel darf ein Trikot anziehen, da sind hinten
echte Federn dran befestigt. Sieht Spitze aus, muss man echt sagen.«
»Hast du die Schatzkiste schon versteckt?«, fragte Rosi interessiert.
»Nee, die hab ich in meinen Schrank geschlossen. Die verstecke ich erst am
Abend vor dem Fest. Oder ganz früh morgens«, überlegte er. »Das wäre viel-
leicht noch sicherer.«
Die Schule war längst zur lästigen Nebensache geworden. Alle Welt sprach
nur noch vom Fest, den Vorbereitungen und dem, was noch alles zu tun war.
Und dann, drei Tage vor dem Fest, fehlten die Federn am Kostüm des Hahns.
Und nicht nur das: Der Rüssel des Schweins war abgetrennt und kaput-
tgeschnitten worden und die Ohren des Esels hingen schlaff nach unten: Je-
mand hatte die Füllung herausgepult.
Heiner und Johannes nahmen sich Rosi zur Brust.
»Hast du das getan?«, fragten sie streng. »Warst du das wieder?«
Doch Rosi war gewappnet. In den ruhigen Tagen hatte sie sich keineswegs in
Sicherheit gewähnt; sie wusste, dass ihre Feindin noch längst nicht
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aufgegeben hatte. Im Gegenteil, Solveigh kämpfte verbissener denn je. Sie
machte sich für Cheerio unersetzlich, half ihm bei den Mathehausaufgaben,
hörte ihn Vokabeln ab, las seine Aufsätze durch. Jeden Nachmittag und
Abend war sie bis zur Zubettgehzeit in der Wunderbar, obwohl sie spüren
musste, dass sie keineswegs willkommen war, sondern nur notgedrungen
geduldet wurde. Sakiko ließ keine Gelegenheit aus, ihr das zu demonstrieren,
doch Cheerio reagierte immer unterschiedlich. Manchmal war er ziemlich
ablehnend und kühl vor allem, wenn ihn andere beobachteten und manch-
mal traf man ihn eng umschlungen mit ihr an. Aber in Solveighs Händen war
er wie Wachs; ihrer Schönheit und ihrer geballten, wenn auch bestens ver-
borgenen Energie war er einfach nicht gewachsen.
Das alles wusste Rosi. Deshalb fragte sie nun ruhig und kühl, obwohl es in
ihr kochte: »Wann wurde der Musiksaal abgeschlossen?«
»Nach der Probe. Gegen neun etwa«, antwortete Heiner.
»Wann wurde der Schaden bemerkt?«
»Heute gleich nach dem Frühstück.«
Rosi atmete auf. »Hört mir gut zu: Gestern war ich von acht bis heute früh
zusammen mit Zilga und später auch mit Sakiko in meinem Zimmer. Sakiko
und ich sind gemeinsam zum Frühstück, dann bin ich mit Nina und Naomi
ins Klassenzimmer gegangen. Ich war, das könnt ihr nachprüfen, keine
Sekunde allein. Ihr müsst euch ein anderes Opfer suchen.« Hoch erhobenen
Hauptes ließ sie die beiden stehen.
Die Mädchen, die die Blumenkränze gebastelt hatten, dekorierten am Freitag-
nachmittag das Klassenzimmer, das ihnen zugewiesen worden war. Sie
schlossen es ab, als sie zum Abendessen gingen, doch als sie zurückkamen,
waren mehrere Kränze zerschnitten worden und überall auf dem Fußboden
lagen zerquetschte und zertrampelte Blumen.
Sie holten sofort Herrn Siegmund, der feststellte, dass ein Fensterflügel des
Zimmers, das sich im Erdgeschoss befand, zugezogen, aber nicht ver-
schlossen war.
»Jemand will uns allen schaden«, sagte er und ermahnte sie eindringlich, nur
alles gut zu verschließen.
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Die Mädchen holten Luftmatratzen und Schlafsäcke, übernachteten im
Klassenzimmer und verwandelten so die fiese Gemeinheit in einen
Riesenspaß.
Rosi hatte zusammen mit Zilga eine Menge älterer Frauen und Männer inter-
viewt. Zuletzt besuchten sie eine sehr alte Dame, die zunächst von den
Kriegstagen in Stuttgart berichtete und dann mit vor Alter zittriger Stimme
erzählte, dass ihr Urgroßvater Heger und Pfleger im Stuttgarter Wildpark,
dem königlichen Jagdgebiet, gewesen war.
»Einmal, da war meine Mutter vielleicht fünf, sechs Jahre alt, rollte der
König zusammen mit seiner Frau unangemeldet in der Kutsche daher. Meine
Mutter war zu Besuch bei ihren Großeltern. Sie war noch im Unterröckchen,
meine Urgroßmutter musste das Tor aufmachen und in den Hofknicks sinken.
Meine Mutter war neugierig, sprang dazu und die Königin sagte: : Kleine,
halt das Röckchen auf9 , und warf ihr ein Goldstück hinein. Das war wie im
Märchen.«
»Mensch, Ihre Mutter hat noch einen König gekannt«, sagte Zilga ehr-
fürchtig. »Das wird unsere schönste Geschichte.«
Andreas gab besonders Acht auf Cheerio, Rosi und Zilga. Die Berichte, Fotos
und was sie sonst noch zusammengetragen hatten, hatte Cheerio seinem
Vater gemailt. Termingerecht hatte er alles gebunden und am Telefon gesagt:
»Am Sonntagmorgen bin ich spätestens um zehn bei euch. Das Fest wird um
elf eröffnet, wir werden also genügend Zeit haben, die Stellwände zu
dekorieren.«
»Siehst du«, rief Rosi, »er ist wirklich kein Kotzbrocken, Cheerio!
Der nickte widerstrebend. »Bei dir nicht.«
Den ganzen Samstagmorgen war Andreas unruhig. Ständig tigerte er auf dem
Gang hin und her und meinte schließlich: »Mir wäre es lieber, wir richteten
bereits heute unser Klassenzimmer her, würden die Tische und Stühle, die
Tafel und was sonst noch herumsteht beiseiteräumen und die beweglichen
Wände aufstellen. Wir müssen auch noch kurze, erklärende Texte verfassen.
Die pinnen wir schon mal an. Dann leihe ich euch meine Bodenvase aus.
Wollt ihr nicht Zweige holen und den Gärtner um Blumen bitten?«
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»Mensch, Andreas, du läufst ja zur Höchstform auf«, stellte Rosi fest.
»Machen wir alles, Andreas«, versicherte Zilga. »Aber den Gärtner brauchen
wir nicht. Meine Oma hat mir jede Menge Blumen versprochen, sie kommt
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